Throwback Monday

Einer von uns

08.03.2021

Botho Koschwitz

Botho Koschwitz feierte im Dezember 2020 seinen 95. Geburtstag. Unsere Vorsitzende Regine Suling-Williges hat ihn zu seiner bewegten Vergangenheit befragt:

Wie und wann sind Sie zum Journalismus gekommen?

Die Entscheidung für den Journalismus fiel in den letzten Kriegswochen 1945. Sie war beeinflusst durch Freunde meiner Eltern, der Mann war Werksfotograf der Leuna-Werke und seine Contax beeindruckte mich jedes Mal, wenn er bei uns zu Besuch war. Nach Kriegsende ließ sich mein Berufswunsch aufgrund der Verhältnisse nicht erfüllen. Ich wurde Bauhilfsarbeiter, dann Maurer-Umschüler, schloss die Ausbildung zum Maurer mit dem Gesellenbrief ab und die anschließende Lehre zum Baukaufmann mit dem Kaufmannsgehilfenbrief. Es folgten verschiedene Tätigkeiten als Maurer und Lohnbuchhalter, bis ich im Februar 1950 als Filialbuchhalter bei der „Nordsee“ Deutsche Hochseefischerei in Bremerhaven angestellt wurde.

Nach der Währungsreform 1948 kaufte ich eine Leica und arbeitete nebenberuflich mit Wandergewerbeschein als Lichtbildner, wie man damals sagte. Bei der „Nordsee“ bekam ich nach und nach auf eigene Rechnung alle fotografischen Aufgaben übertragen. 1953 wurde mir die Gründung und Schriftleitung (wie es damals hieß) der Betriebszeitschrift „Nordsee Nachrichten“ übertragen. Erscheinungsweise monatlich, Auflage ca. 7.500 Exemplare, 12 Seiten und 4 Umschlagseiten.

Mein Wissen habe ich durch Studium von Fachliteratur und einen zeitungsfachlichen Fortbildungskurs bei Professor Dovivat in Düsseldorf erweitert.

Die fotografische Tätigkeit auf eigene Rechnung mündete ca. 1955 darin, dass ich auch offiziell Werksfotograf bei der „Nordsee“ wurde.

Nebenberuflich, soweit die Zeit das zuließ, lieferte ich Bild- und/oder Textbeiträge z.B. für die Allgemeine Fischwirtschaftszeitung, die Nordsee Nachrichten und den Weser Kurier.

1957 wechselte ich zur Unterweser Reederei, Bremen. Dort übernahm ich als verantwortlicher Redakteur die Reederei-Zeitschrift „Der Anker“, die professionell ausgebaut werden sollte. Erscheinungsweise viermal jährlich, je 32 Seiten Umfang plus 4 Seiten Umschlag, Auflage 1.400 bis 1.950 Exemplare. Daneben gehörte zu meinen Aufgaben der Aufbau des Ressorts Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Produktion von Dokumentarfilmen (Konzeption, Filmaufnahmen, Schnitt, Text, Musikauswahl, Vertonung mit zwei Mitarbeitern von Radio Bremen) und weiteres.

1970 veränderte ich mich zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, wo ich Mitglied der Geschäftsführung wurde und u.a. zuständig für die Redaktion des Jahrbuches war.

1974 schloss sich Krupp Atlas Elektronik, Bremen, an. Aufbau des Ressorts Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, u.a. Redaktion des Mitarbeiterbriefes.

Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorsitzender des Landestanzsportverbandes Bremen von 1996 bis 2004 war ich auch verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift „Tanzschlüssel“ für die Mitglieder Bremer und Bremerhavener Tanzsportvereine bis zu dessen Einstellung wegen Finanzierungsschwierigkeiten.

Was war der großartigste Job, den Sie während Ihrer Berufslaufbahn hatten? Und: Warum?

Meine Tätigkeiten bei der Unterweser Reederei haben mir am meisten Freude bereitet. Ich konnte dort alles nach meinen Vorstellungen realisieren: Bildreportagen, Auslandsberichte, Fachberichte aus dem Gebiet der Schifffahrt, Mitarbeit bei der Jugendzeitschrift des Verbandes Deutscher Reeder und anderer Publikationen, regelmäßige Bildlieferungen für den jährlichen Kalender der Seeberufsgenossenschaft, Filmproduktionen usw. Ich hatte alle Freiheiten, die man sich wünschen kann. Die Menschen und ihr Umfeld standen für mich immer im Mittelpunkt. Das gilt für meine gesamte Berufszeit und ebenso für meine Ehrenämter.

Warum sind Sie 1957 in die Bremer Journalistenvereinigung eingetreten?

In die Bremer Journalistenvereinigung bin ich eingetreten, weil der Gedankenaustausch mit Kolleginnen und Kollegen intensiver war, wegen regelmäßiger Informationen und Anregungen zum Beruf und für eine starke Vertretung des Journalismus in der Öffentlichkeit und gegenüber der Verlegerseite.

Warum haben Sie dem DJV Bremen in all den Jahrzehnten die Treue gehalten?

Ich war und bin dem Beruf der Journalistinnen und Journalisten, ihren nicht immer leichten Entscheidungen und Aussagen, verbunden geblieben und habe mich dafür interessiert.

Was ist aus Ihrer Warte die größte Veränderung und Herausforderung im Journalismus gewesen, seitdem Sie sich für diesen Beruf entschieden haben?

Große Veränderungen gab es aus meiner Sicht nach meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Ich vermisse häufig neutrale Sichtweise und unbeeinflusste Recherchen. Der Journalismus, wenn er seiner Aufgabe gerecht werden will, muss in seiner Berichterstattung alle Aspekte untersuchen und beurteilen. Bei manchen Medien habe ich inzwischen den Eindruck, dass zu viel dem Mainstream gefolgt und die Auseinandersetzung vermieden wird. Es leidet vielfach die deutsche Sprache und der Leser stolpert über Fehler, die es früher nicht gegeben hat.

Sein Bildarchiv hat Botho Koschwitz an das Staatsarchiv Bremen gegeben.

Bremen